Menschenhandel

Menschen­handel: Zu nah zum Übersehen.

Menschenhandel
ist gleich
Organhandel?

Jannis dachte, sie wollen nur sein Bestes – bis sie anfingen, auch ihn zum Betteln zu zwingen.

Es gibt viele Vorstellungen rund um Menschenhandel von Kindern und Jugendlichen. Doch gewiss ist: Es geschieht auch hier bei uns.
Wenn du selbst Hilfe brauchst oder einen Verdacht hast, findest du bei uns alle Infos.

Worum geht’s genau?

Was ist Handel mit und Ausbeutung von Minderjährigen?

Viele denken bei dem Wort Menschenhandel zuerst an direkte körperliche Gewalt, Verschleppung in andere Länder und Bilder von direktem Zwang. Doch tatsächlich gibt es verschiedene Formen von Menschenhandel und Betroffene werden mit falschen Versprechen und subtilen Strategien gelockt, manipuliert oder emotional unter Druck gesetzt. Sie werden dadurch z. B. zu sexuellen Handlungen gezwungen, müssen ohne Bezahlung arbeiten, auf der Straße betteln oder kriminelle Taten für andere begehen. Ob sie dabei der Tätigkeit bzw. der Form der Ausbeutung „frewillig“ nachgehen, bzw. zustimmen, ist für den Tatbestand Menschenhandel irrelevant.

Bei Minderjährigen ist eine Ausbeutungssituation besonders problematisch, da sie häufig keine Möglichkeit haben, sich zu wehren oder ihre Situation einzuschätzen – etwa aufgrund von Angst, Scham, Unwissenheit oder Abhängigkeit.

Oft erkennt man die Ausbeutung nicht sofort, weil sie subtil und im Verborgenen passiert. Und nicht immer sind es Fremde, die dahinterstecken. Es können auch Menschen aus dem eigenen sozialen Umfeld sein, denen man ursprünglich vertraut hat. Sehr häufig findet der Erstkontakt zwischen Täter(*innen) und Betroffenen auch über online Plattformen statt. (Gaming-Plattformen, soziale Netzwerke, Kleinanzeigenmärkte, Dating-Portale/Apps) Diese werden auch gezielt von Täter(*innen) zur Kontaktaufnahme, Durchführung und Verschleierung der Ausbeutung genutzt sowie zur Ausübung von Kontrolle und Druck auf die Betroffenen.

Es ist wichtig zu erkennen: Menschenhandel ist kein Problem „von irgendwo anders“. Auch in Deutschland existiert Menschenhandel und es werden jedes Jahr mehr Fälle bei polizeilichen Behörden registriert.

Unter dem Begriff Handel mit Minderjährigen lassen sich unterschiedliche Formen schwerwiegender Ausbeutungsformen unterscheiden:

Sexuelle Ausbeutung


ist sexualisierte Gewalt in Echtzeit per Videochat oder -stream. Täter(*innen) verlangen, dass Kinder oder Jugendliche sich ausziehen und sexuelle Handlungen ausführen, oft gegen Geld.

Sexuelle Ausbeutung


Sexuelle Ausbeutung beinhaltet jegliche sexuellen Handlungen an betroffene Minderjährigen, bei denen eine Vergütung an Dritte oder die Minderjährigen selbst erfolgt. Die Vergütung kann durch Geld oder andere Leistungen erfolgen. Eine bekannte Form sexueller Ausbeutung ist die sogenannte Loverboy-Methode. Hierbei werden vor allem Mädchen mittels einer vorgetäuschten Liebesbeziehung in emotionaler Abhängigkeit zum Täter gebracht, von ihrem bekannten Umfeld isoliert und zur Prostitution gezwungen. Andere Formen sind z.B. die sexuelle Ausbeutung in der Prostitution, sogenannte „Taschengeldtreffen“, oder das Erstellen und der Versand von Bildern oder Videos, die sexualisierte Gewalt darstellen. 

Arbeitsausbeutung


ist eine Form von Menschenhandel, bei der Minderjährige in Haushalten oder Betrieben unter schlechten Bedingungen ausgebeutet werden. Sie müssen beispielsweise umsonst arbeiten, haben extreme Arbeitszeiten oder keine Ruhepausen und können durch die Arbeit körperlich gefährdet sein.

Arbeitsausbeutung


Bei der Arbeitsausbeutung werden Minderjährige durch Dritte als Arbeitskraft z. B. in Haushalten, landwirtschaftlichen Betrieben, Gastronomiebetrieben oder Nagelstudios unter unsicheren und schlechten Arbeitsbedingungen ausgebeutet. Die Betroffenen müssen umsonst arbeiten, bzw. ihre Einnahmen oder einen Großteil davon abgegeben. Die Arbeit kann verbotene oder gefährliche Tätigkeiten umfassen, die dem Alter und dem Entwicklungsstand der Betroffenen nicht entsprechen und extrem lange Arbeitszeiten ohne Ruhepausen beinhalten. Sogenannte Schuldknechtschaften, bei denen eine angebliche „Schuld“ abgearbeitet werden muss, sind auch Arbeitsausbeutung. Häufig findet die Vermittlung in die Arbeitsausbeutung durch Vertrauenspersonen oder soziale Netzwerke statt. 

Ausbeutung zur Begehung strafbarer Handlungen


ist eine Form von Menschenhandel, bei der Minderjährige zu Straftaten wie Drogenhandel, Schmuggel oder Diebstahl gezwungen werden. Sie werden kriminalisiert, während die Verantwortlichen im Hintergrund bleiben.

Ausbeutung zur Begehung strafbarer Handlungen


Bei dieser Form der Ausbeutung werden Kinder oder Jugendliche gezielt dazu gebracht, zum Nutzen anderer strafbare Handlungen zu begehen. Die betroffenen Minderjährigen handeln dabei nicht freiwillig, sondern unter Druck, Drohungen oder aus Abhängigkeit. Häufig geschieht dies in einem Macht- oder Ausbeutungsverhältnis, das sie an die Täter(*innen) bindet.

Die betroffenen jungen Menschen tragen dabei ein hohes Risiko: Sie werden kriminalisiert, während die eigentlich Verantwortlichen im Hintergrund bleiben. Oft erkennen sie selbst oder auch andere nicht, dass sie ausgenutzt werden.

Formen dieser Ausbeutung können sein:

  • Einsatz von Minderjährigen im Drogenhandel, z. B. als Kuriere („Läufer“) 
  • Diebstahl, Einbruch oder Raub im Auftrag anderer
  • Schmuggel oder Transport illegaler Waren, z. B. über Grenzen hinweg

Ausbeutung von Betteltätigkeiten


ist eine Form von Menschenhandel, bei der Minderjährige zum Betteln gezwungen werden. Sie werden überwacht, unter Druck gesetzt oder wachsen mit dem „Pflichtbewusstsein“ auf dass das ihre Aufgabe sei – Zugang zu Bildung bleibt den meisten verwährt. 

Ausbeutung von Betteltätigkeiten


Bei dieser Ausbeutungsform werden Minderjährige dazu gezwungen, auf z.B. der Straße zu betteln. Dabei handelt es sich nicht um freiwilliges Betteln, sondern um Ausbeutung – die Betroffenen haben keine Wahl und profitieren selbst kaum oder gar nicht vom Geld.
Oft werden sie in bestimmten Gebieten „eingesetzt“, überwacht und durch Drohungen und Gewalt unter Druck gesetzt ein gewisses Tagespensum zu erfüllen. Viele leben unter schlechten Bedingungen, bekommen kaum Essen oder medizinische Versorgung und haben keinen Zugang zu Schule oder Hilfe.

Ausbeutung durch Zwangsheirat


ist eine Form von Menschenhandel, bei der Minderjährige gegen ihren Willen in eine Ehe gedrängt werden. Sie verlieren durch die erzwungene Heirat ihre Selbstbestimmung und erleiden oft langfristige psychische, soziale und/oder körperliche Folgen.

Ausbeutung durch Zwangsheirat


Eine Ausbeutung durch Zwangsheirat liegt vor, wenn Minderjährige gegen ihren Willen oder ohne altersgemäße Entscheidungsfreiheit zur Ehe gedrängt oder gezwungen werden. Bei Minderjährigen ist bereits dann von Zwangsheirat auszugehen, wenn sie aufgrund von familiärem, sozialem oder emotionalem Druck keine selbstbestimmte Entscheidung treffen dürfen. Eine Zustimmung, die unter Zwang oder Angst abgegeben wird, ist kein Einverständnis.

Zwangsehen verletzen grundlegende Rechte – sie schränken die persönliche Freiheit ein und können langfristige psychische, soziale und körperliche Folgen haben. Minderjährige Betroffene befinden sich häufig in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zu den handelnden Personen, etwa in der Familie oder im sozialen Umfeld.

Handel zum Zweck der Organentnahme


ist eine Form von Menschenhandel, bei der Minderjährigen unter Zwang oder Täuschung Organe entnommen werden. Betroffene werden z.B. mit falschen Versprechen gelockt oder in Notlagen ausgenutzt. 

Handel zum Zweck der Organentnahme


Organhandel bedeutet, dass Organe – wie zum Beispiel Nieren – illegal verkauft oder gekauft werden. Oft wissen die Betroffenen gar nicht genau, was mit ihnen passiert, oder sie werden mit falschen Versprechungen oder unter Druck dazu gebracht, ein Organ „abzugeben“.

Betroffene von Organhandel werden häufig getäuscht, unter Druck gesetzt oder ausgebeutet – besonders dann, wenn sie sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden, etwa auf der Flucht, ohne familiären Rückhalt oder in großer finanzieller Not.

In Deutschland ist der Handel mit Organen streng verboten. Eine Lebendorganspende durch Minderjährige ist nur in extremen Ausnahmefällen erlaubt, meist nur an enge Verwandte, mit gerichtlicher Zustimmung, umfassender Aufklärung und freiwilliger Einwilligung.

Handel zum Zweck der Adoption


ist eine Form von Menschenhandel, bei der Minderjährige gegen Geld oder Vorteile weitergegeben werden, ohne rechtmäßige Adoption. Die Kinder verlieren ihr Zuhause, ihre Familie und oft ihre Identität. 

Handel zum Zweck der Adoption


Beim Handel zum Zweck der Adoption werden Minderjährige – oft Babys oder Kleinkinder – gegen Geld oder andere Vorteile „weitergegeben“, ohne dass eine rechtmäßige Adoption stattfindet. Dabei geht es nicht um das Wohl des Kindes, sondern um Profit. Die betroffenen Kinder verlieren ihr Zuhause, ihre Herkunftsfamilie und oft auch ihre Identität – ohne Mitspracherecht.

Die Kinder und Jugendlichen werden z. B. entführt, ihren Familien unter falschen Versprechen weggenommen oder in Notlagen gezielt „abgeworben“. Die Adoptionsunterlagen werden häufig gefälscht, damit es so aussieht, als sei alles legal.

Wie erkenne ich Betroffene Kinder und Jugendliche von Menschenhandel?

Menschenhandel ist ein vielschichtiger, oft uneindeutiger Prozess, der nicht einfach erkannt werden kann. Häufig braucht es erst viele kleine Hinweise und Verdachtsmomente, die einen Verdacht auf eine Ausbeutungssituation hervorrufen. Die Lebenssituationen der Betroffenen sind vielfältig und sie zeigen nicht immer sofort erkennbare Anzeichen. Aus Angst, Scham oder fehlendem Vertrauen sprechen viele nicht über das, was ihnen passiert ist. Umso wichtiger ist es, genau hinzusehen – und sensibel zu handeln.

Es gibt also keinen „typischen Fall von Menschenhandel“. Dennoch gibt es Indikatoren, die auf eine Ausbeutungssituation hinweisen können. Einzelne Anzeichen bedeuten nicht automatisch, dass jemand betroffen ist. Aber wenn mehrere Indikatoren zusammentreffen, kann es sinnvoll sein, genauer hinzuschauen.

Indikatoren können z.B. sein:

Das Kind oder der/die Jugendliche…

  • wirkt ängstlich, nervös oder eingeschüchtert.
  • hat plötzlich viel Geld aus unbekannten Quellen.
  • zeigt plötzliche Verhaltensänderungen gegenüber ihren Freund*innen und Eltern 
(z.B. Rückzug, Aggressivität).
  • erzählt über Zwang und Kontrolle durch jemanden.
  • hat plötzlich einen neuen Freund, der viele Geschenke macht  (Verdacht auf einen Loverboy).
  • gibt widersprüchliche Erklärungen.
  • hat sichtbare Verletzungen oder wirkt krank/erschöpft.
  • hat keine oder nur eingeschränkte Kontrolle über persönliche Dokumente, Geld oder Handy.
  • arbeitet sehr lange, ohne Pausen.
  • lebt am Arbeitsplatz oder unter beengten, überfüllten Bedingungen.
  • ist in ihrer/seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt oder darf bestimmte Räume nicht allein verlassen.
  • ist von einer dritten Person begleitet oder überwacht.
  • zieht sich immer mehr zurück.
  • hat wenig Kontakt zu Freund*innen oder anderen Personen.
  • klaut regelmäßig, bzw. wird ständig beim Ladendiebstahl erwischt.
  • zeigt übersexualisiertes (altersunangemessenes) Verhalten gegenüber anderen.

Ich brauche Unterstützung

Wenn du selbst betroffen bist – oder wenn du jemanden kennst, der vielleicht ausgebeutet oder zu etwas gezwungen wird – musst du damit nicht allein bleiben.

Es gibt Stellen, bei denen du dir Hilfe und Rat holen kannst. Kostenlos, anonym und ohne Druck. Bei den oben aufgeführten Formen von Menschenhandel gilt übrigens das sogenannte Straflosigkeitsprinzip. D.h., dass minderjährige Betroffene von Menschenhandel nicht für Handlungen bestraft werden können, zu denen sie gezwungen wurden.

Eine Übersicht über Fachberatungsstellen in den verschiedenen Bundesländern findest du hier:

Du kannst dich bei einer der gelisteten Stellen melden. Dabei musst du deinen Namen nicht sagen und niemand erfährt, dass du angerufen hast. Die Berater*innen hören dir zu, nehmen dich ernst und helfen dir, einen Weg aus der Situation zu finden – egal ob du nur Fragen hast oder schon konkrete Hilfe brauchst.

Falls du selbst einen Verdacht hast, oder dir eine komische Situation aufgefallen ist, kannst du auch einen Hinweis auf der Meldeplattform von ECPAT www.nicht-wegsehen.net angeben.

Wording

Warum wir von „Täter(*innen)“ sprechen

In unseren Texten verwenden wir die männliche Form „Täter“. Das liegt daran, dass die Mehrheit der Täter*innen männlich ist. Trotzdem gilt: Sexualisierte Gewalt kann auch von Frauen oder Menschen anderen Geschlechts ausgehen.

Warum sprechen wir von “sexualisierter” Gewalt – und nicht von sexueller?

Der Begriff „sexualisierte Gewalt” macht deutlich, dass es dabei nicht um Sexualität, sondern um Macht, Kontrolle und Grenzverletzung geht. Täter nutzen Sexualität als Mittel der Gewalt, häufig gegen den Willen, das Wissen oder die Reife der betroffenen Person. Der Begriff „sexualisierte Gewalt“ macht deutlich, dass es sich dabei nicht um einvernehmliche Sexualität handelt. Deshalb verwenden wir diesen Begriff, um das Unrecht beim Namen zu nennen und den Fokus auf die Gewalt statt auf das Sexuelle zu legen.

Wann sprechen wir von sexualisierter Gewalt und wann von sexueller Ausbeutung?

Sexualisierte Gewalt bedeutet: Jemand zwingt ein Kind oder einen Jugendlichen zu sexuellen Handlungen – egal ob mit Körperkontakt (z. B. Berührungen, Penetration) oder ohne (z. B. Zeigen von Pornos, Exhibitionismus). Auch abfällige Sprüche oder Belästigungen gehören dazu. Wichtig: Bei Kindern unter 14 Jahren gilt jede sexuelle Handlung als Gewalt – egal, ob sie „ja“ sagen oder nicht.


Sexuelle Ausbeutung ist eine besondere Form von Menschenhandel. Sie liegt vor, wenn ein Kind oder Jugendlicher für sexuelle Handlungen Geld, Geschenke oder andere Vorteile bekommt – oder wenn jemand anderes dafür bezahlt wird. Wichtig: Kinder und Jugendliche können ihrer eigenen Ausbeutung nie zustimmen, auch wenn sie scheinbar einverstanden sind, gilt es trotzdem als Ausbeutung.

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Auf Basis der UN-Kinderschutzkonvention engagieren wir uns in den Bereichen Politik, Justiz, Wirtschaft und Bildung, um für die Themen zu sensibilisieren, Präventivmaßnahmen zu entwickeln und eine rechtliche Grundlage zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung und sexualisierter Gewalt zu schaffen.

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