Freiburg/Berlin, 13.06.2022 – Der weltweite Tourismus nimmt nach fast zwei Jahren wieder Fahrt auf. Dies ist jedoch nicht für alle Beteiligten positiv, da viele Kinder und Jugendliche unter Ausbeutung in der Tourismusindustrie leiden. Sie müssen beispielsweise als illegale Kräfte in Wäschereien arbeiten, Souvenirs am Strand verkaufen oder werden von Reisenden sexuell ausgebeutet.
Um Kinder und Jugendliche mit dem Neustart des Tourismus zu schützen, haben sich 25 Vertreter*innen aus Tourismuswirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik am 13.06.22 in Berlin getroffen.
Hierbei wurde deutlich, dass die Risiken der Ausbeutung von Kindern im Tourismus aufgrund der COVID-19 Pandemie gestiegen sind, wie das Handout zur Fachtagung zusammenfassend darstellt. Nicht nur in Kolumbien ist die Anzahl von Kindern gestiegen, die im Rahmen der Lockdowns von sexueller Ausbeutung betroffen waren, wie Luz Stella Cárdenas Ovalle von Fundación Renacer/ECPAT Kolumbien berichtet. Auch in Deutschland ist das Hinweisaufkommen digitaler Missbrauchsdarstellungen im Jahr 2021 um das Dreifache angestiegen, erklärt Nora Teipel vom BKA, SO42. Ein unreguliertes, anonymes Setting vereinfacht den Zugang zu Kindern für Täter*innen. Mimi Vu von Raise Parters in Vietnam führt aus, dass deshalb auch online Buchungsplattformen als starker Faktor bei der Zunahme sexueller Ausbeutung von Kindern im Tourismus aufgefasst werden. Die Kooperation und Verantwortungsübernahme aller Beteiligten werde daher benötigt, um Kinder und Jugendliche auf Reisen und im Tourismus zu schützen. Dass dies längst nicht der Fall ist, stellt Altin Hazizaj von CRCA/ECPAT Albanien dar, denn in Albanien besteht bisher keine Kooperation zwischen Institutionen für Kinderschutz und der Tourismusindustrie, was u.A. auch daran liegt, dass sexuelle Ausbeutung von Kindern im Kontext von Tourismus bisher kein Thema auf der politischen Agenda ist.
In Deutschland soll der Schutz von Kindern vor Ausbeutung im Tourismus spätestens jetzt mit dem Inkrafttreten des Sorgaltslieferkettengesetzes und dem Gesetzesentwurf auf EU Ebene verstärkt auf die politische Agenda rücken.
Wie Katharina Stechl vom Roundtable Human Rights in Tourism darstellt, lassen sich kinderrechtliche Risiken entlang der gesamten touristischen Wertschöpfungskette finden. Unternehmen müssen daher die Rechte von Kindern in menschenrechtliche Sorgfaltsstrategien integrieren. Christian Byczek von DER Touristik zeigt auf, wie dies bspw. funktionieren kann, indem risikobehaftete Aktivitäten mit Kindern aus dem touristischen Programm genommen und Produkte gemeinsam mit Gemeinden entwickelt werden. Die Minimierung der Risiken für die Wahrung der Rechte von Kindern soll durch die Erstellung einer Kinderschutzrichtlinie erreicht werden.
Viele Maßnahmen, die Unternehmen umsetzen können, um Kinder und Jugendliche entlang der Wertschöpfungskette zu schützen, sind bereits vorhanden. Im Plenum wurden zahlreiche Beispiele gesammelt, die Eingang in eine Fachpublikation mit Umsetzungsempfehlungen für die Branche finden werden. Außerdem wurden u.A. folgende Erkentnisse an Thementischen festgehalten:
- Kinderschutz soll als positive Message an Reisende kommuniziert werden
- ein politischer Dialog in den Destinationen ist erforderlich, um Kinderschutz nachhaltig zu implementieren
- die Rechte von Kindern sollen ganzheitlich gedacht und gemeinsam mit anderen Themen an Kooperationspartner*innen kommuniziert werden, um Maßnahmen zu vereinfachen.
Die Dokumentation der Fachtagung mit den Präsentationen kann bei Tourism Watch heruntergeladen werden.
Das Projekt „Developing travel & tourism with child protection in focus for a sustainable post-COVID-19 pandemic recovery“ wird mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durchgeführt.